Wirklichkeit und Wahrheit der Fotografie Welche Beziehung hat die Fotografie / das Abbild / das Bild / grundsätzlich zur Wirklichkeit? Worin besteht die Ähnlichkeitsbeziehung? Bekanntermaßen verstanden sich die ersten Fotografen als Nachbildner, als unbeteiligte Beobachter, ohne jegliche Einflussnahme auf den Prozess der Bildentstehung. Die Natur schrieb ihrer Meinung nach ihre Biografie selbst. Mit der Fotografie schien der Zeichenstift der Natur entdeckt, das Bild entstand allein durch die Kraft des Lichtes, usw. Am fotografischen Verfahren wurde die Exaktheit und Objektivität, seine Realitätstreue und Unbestechlichkeit, kurz, seine Wahrheit gelobt. Grundsätzlich ist festzustellen: Im Moment des Fotografierens, für die Dauer der Belichtung , besteht eine physikalische Beziehung zwischen Objekt und lichtempfindlicher Schicht. Lichtstrahlen werden vom Objekt reflektiert und fallen durch das Objektiv auf die Platte. Diese Beziehung wird manifest im Abbild. Zunächst latent und nach dem chemischen Entwicklungsprozess konkret, fixiert. Roland Barthes spricht von einer "Nabelschnur aus Licht" zwischen Vergangenheit und Gegenwart, von einem "Lichttransfer über einen Zeitgraben"., als Grundprinzip der Fotografie und bezeichnet das fotografierte Objekt als die "notwendig reale Sache, die vor dem Objektiv platziert war, und ohne die es keine Fotografie gäbe." Zur Ontologie des fotografischen Bildes und zum Anspruch der Fotografie auf Objektivität schreibt André Bazin: "Welche kritischen Einwände wir auch immer haben mögen, wir sind gezwungen, an die Existenz des repräsentierten Objektes zu glauben, des tatsächlich re-präsentierten, d. h. des in Raum und Zeit präsent gewordenen. Die Fotografie profitiert aus der Übertragung der Realität des Objektes auf seine Reproduktion". Fotografie und Realität sind also auf dieser, und nur auf dieser Ebene untrennbar miteinander verbunden. Die Wahrheit der Fotografie Wie sieht es mit der Wahrheit der fotografischen Abbildung aus? Wird ein und dieselbe Sache von verschiedenen Personen fotografiert, entstehen verschiedene Ansichten --- eine Erkenntnis, die sehr früh in der Geschichte der Fotografie den Glauben an das unpersönliche, objektive Bild der Kamera erschütterte. Fotografie gibt also nicht nur das wider, was war, als Repräsentation von Wirklichkeit, sondern vor allem das, was der Fotograf dort sah. Sie repräsentiert eine Möglichkeit der Sicht der Welt. Das Bild ist mithin nicht nur Dokumentation, sondern Interpretation, Wertung, von Wirklichkeit, ganz gleich, wie zweckfrei, rein, straight, oder dokumentarisch, Fotografen in der Geschichte bis heute ihre Arbeit auch immer versucht haben zu bestimmen. Mit der Entscheidung, einen bestimmten Ausschnitt, eine bestimmte Kameraeinstellung allen anderen vorzuziehen, stülpt der Fotograf den Dingen seine (kulturell oder ideologisch oder sonst wie bestimmten) Kriterien über. Unabhängig von ihrem Abbildcharakter, der physikalischen Beziehung zwischen Objekt und Bild, wechselt die Aussage einer Fotografie mit dem Wechsel ihrer sozialen Gebrauchsweisen: Was für mich das Foto einer Geliebten darstellt, das zu repräsentieren scheint, was sie zu dieser macht, ist als gleiches Foto Objekt eines rein technischen Interesses z. B. in Zusammenhang mit anderen Fotos in einer Ausstellung über Portraitpraxis, ist als gleiches Foto zu analysierendes Objekt für einen Schönheitschirurgen oder einen Visagisten, ist also Foto in der Hand des Staatsapparates Bild einer zu überwachenden Person, etc., etc., ….. . Wird das Foto schließlich in verschiedene Textzusammenhänge eingebettet oder in Zusammenhang mit anderen Bildern Auch wenn das Foto ein Äquivalent in der Realität haben muss und die Autonomie der Bildherstellungstechnik uns absolut Unser alltäglicher Umgang mit fotografischen Bildern unterscheidet sich jedoch wesentlich, grundlegend, von der Wir hatten festgestellt, dass die physikalische Beziehung eine Ähnlichkeitsbeziehung zwischen Abbild und abgebildetem Beruht es nicht eher auf einer gesellschaftlichen Übereinkunft, dass wir das Foto als Zeichen für das Abgebildete "Wenn wir auf dem Foto ein bestimmtes Objekt als Stuhl identifizieren, dann ist das Bild ein visuelles Symbol, das einer Die Fotografie kann also aufgrund ihrer kurzzeitigen physikalischen Beziehung zur Wirklichkeit und der daraus resultierenden "Fotografie ist falsch auf der Ebene der Wahrnehmung, aber wahr auf der Ebene der Zeit." Roland Barthes bezeichnet damit Trotzdem scheint diese Wirklichkeit seit fast 150 Jahren nur wenige Millimeter hinter der Silberplatte,dem Fotopapier, Dass das Vorhandensein sichtbarer Wirklichkeit für das fotografische Bild durch die technischen Möglichkeiten der digitalen |