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Exposé   >Körperbilder<


(
aus: Juliane Gallo - Essay zur Ausstellung >Aufrechter Gang II <
Text: Copyright by Juliane Gallo, 2005)

> Namen für den Körper, welcher anders ist als die Norm,
gibt es viele: deviant, deformiert, versehrt, behindert,
fragmentiert, abnormal, grotesk, anders…
Und daraus ergibt sich, wie der Körper wohl sein muss:
intakt, kompakt, perfekt, schön, wohlgeformt, gesund und
ganz.     Unantastbar, unversehrt, unsterblich?

Es ist eigenartig: Will man unser Bild des ‚normalen’ Körpers
beschreiben, verrutscht es unversehens ins Ideale
und umgekehrt gleitet dem beschreibenden Zugriff das Bild
des ‚nicht – normalen’ Körpers ins Verächtliche und Abjekte ab.

(Anglizismus: abject – verworfen, gemein, niedrig)


Wenn Worte fehlen, greifen wir zur Metaphorik:
Über die Sichtbar- oder Unsichtbarmachung von Bildern
(in den Medien) manifestieren sich mentale Bilder –
ein Mensch im Rollstuhl wird beispielsweise in den Tages-
zeitungen fast immer vor einer unüberwindbaren Treppe gezeigt,
alte Menschen’ werden, wenn überhaupt,“ für die Broschüre
einer Lebensversicherung gebraucht, Krankheit und Siechtum
auf Randgruppen abgewälzt oder weit weggezerrt in die Peripherie -
in eine III.Welt.




Gleichzeitig wird der westliche Durchschnittsmensch,
lt. Spiegel (1995), rund zwölf Mal am Tag mit dem Anblick
eines ‚models’ konfrontiert.
(Rund 200 hauptberufliche ‚models’ – so die Untersuchung weiter –
halten 120 Millionen Amerikanerinnen in Schach.)
Diese ‚seelenlosen Kleiderständer mit Kultstatus’ tragen den Mythos
von Machbarkeit in die Welt:  der Körper, mit dem man geboren wird,
ist nicht länger Schicksal sondern unterliegt einer planbaren
Perfektionierung, sofern der Besitzer dieser ‚Basismaterie’
ausreichend Energie aufzuwenden vermag.
Damit gerät jedwede Abweichung von der ‚Ideal – Norm’ ins Abseits
– nein ins Nichts – ins ‚Nicht – Existente’,
denn gleichzeitig mit der Reproduzierbarkeit der Bilder durch Fotografie,
verschwinden Bilder.

Das manipulierte Endprodukt zeigt eine perfekte Körperhülle
und suggeriert ‚Lifestyle’, aber auch: wenn du alt bist, dick, oder etwa
nicht gesund und fit, dann ist es dein persönliches oder charakterliches
Versagen.

Niemals spricht diese Botschaft aus den hier gezeigten Bildern.
Sie zeigen den fragmentierten Körper als den verletzbaren Ort
(der er ist), aber auch seine Gestaltungskraft.
Hier geht es um das ästhetische Potenzial in der Konfrontation des
unversehrten Körpers mit seiner Verletzbarkeit.
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